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Dieser Ausatz ist von Nachbarsjunge
EisEbs, bekannt als Teeny-Sänger in Party ganze N8.
Mythos 2000
Wie er entstand:
In diesem Jahrhundert (spätestens
in der 50ern) wurde den Menschen (und den Science-Fiction-Autoren) schlagartig
bewußt, daß sie relativ dicht vor einem Jahrtausendwechsel
standen. Und als rundes Datum eignete sich das Jahr 2000 sehr gut als anzustrebendes
Ziel oder als Stichtag für irgendwas (Weltuntergang, Angriff von Aliens,
Weltuntergang, Entwicklung von Luftkissenautos mit Atomantrieb oder aber
für den Weltuntergang).
Somit war diese Jahreszahl auch gut
als zeitlichen Rahmen für das nicht zuletzt aufgrund der Raumfahrt
neu aufgekommene Genre der Science-Fiction-Romane geeignet. (Science Fiction
gab es bereits seit Jules Verne, der allerdings seiner Zeit weit voraus
war. Erst in den 40ern-50ern dieses Jahrhunderts ging’s richtig los.)
viele Geschichten spielten entweder
kurz vor oder kurz nach der Jehrtausendwende. (Genau 2000 war den Autoren
vermutlich zu billig) Man denke nur an "1984" oder den von vielen so heißgeliebten
Film "2001-Oddysee im Weltraum". Auch Filme wie "Terminator I&II" und
"Independence Day" waren von der Magie des Datums sicherlich mitbestimmt.
(Ich erwähne genau diese Filme aus dem einfachen Grund, daß
sie mir als Angehöriger der VIVA-Generation (die wohlgemerkt noch
jünger ist als die MTV-Generation, der sich Lisa Simpson fälschlicherweise
zuordnet. Aber in Amerika gibt’s ja auch kein MTV) bekannter sind als „Moon
2004“ oder „2001“.)
Aufgrund der rasanten Entwicklung
der Technik in diesem Jahrhundert und den schon zuvor genannten ersten
Schritten ins Weltall schienen Visionen wie Städte auf dem Mars oder
zumindest auf dem Mond bis zum Jahr 2000 durchaus denkbar. (Im übrigen
sind solche Projekte heute technisch mindestens so realisierbar wie der
Wettlauf zum Mond in den 60ern, es fehlen nur das Geld und die Russen.)
Es gab die tollsten Vorstellungen
vom Leben im Jahr 2000: Von Selbststeuernden Schwebeautos über Automatische
Küchen zu sprechenden Toastern und anderen Dingen, die einem das Leben
erleichtern.
Die Schwebeautos haben eine interessante
Geschichte: Die Vehikel aus "Metropolis" dürfen wohl als Vorbild der
Taxis in "Das fünfte Element" und schließlich als Urahn der
"wipEout"-Gleiter gesehen werden. Aber hierzu später mehr.
Automatische Küchen waren wohl
eher ein Argument, die quengelnde Ehefrau auf die Zukunft zu vertrösten.
Wie Mondflüge waren sie zum Greifen nah, wurden auch teilweise schon
verkauft, blieben jedoch wie 32 Bit in Windows-Systemen ein ewiges Versprechen.
Sprechende Toaster, Armbanduhren und
Personenwagen sind inzwischen Realität. Jedoch hat die Menschheit
inzwischen begriffen, daß sie nicht der Schlüssel zu einer besseren
Welt sind, sondern lediglich nerven.
Jedenfalls wurde im Zuge dieser Vorstellungen
"2000" zum Synonym für "Fortschritt". Produktmanager erkannten dies
schnell und verkauften sodenn Haushaltsgegenstände im windschnittigen
Design unter dem Namen "X-O-Matik 2000". (X sei die Arbeit, die einem das
Gerät erspart)
Wie er verschwand
Dieser Mythos vom einfachen Leben im
Jahr 2000 hielt sich bis in die Achtziger. Ich kann mich noch gut daran
erinnern, daß es auf der Kinderseite unserer Tageszeitungen einmal
(ich kann nicht genau sagen wann, aber es muß wohl so etwa 1986 gewesen
sein.) ein Zeichenwettbewerb stattfand, der "So leben wir im Jahr 2000"
zum Thema hatte. Eingeschickt wurden fast ausschließlich Bilder von
Luftkissenautos, was zu dieser Zeit auch meine Vorstellung vom Jahr 2000
war. (Es sei angemerkt, daß der Autor noch jünger als Drax ist,
hier also über seine früheste Jugend schreibt.) Dies beweist
eindrucksvoll, wie tief diese Ideen in der ganzen Bevölkerung verwurzelt
waren.
Ich habe noch sehr gut in Erinnerung,
wie mir just aufgrund dieses Zeitungswettbewerbes bewußt wurde, daß
es ja nur noch ca. 14 Jahre bis zum Jahr 2000 sind. Und obwohl dies mehr
als das doppelte meiner damalig-bisherigen Lebenszeit war, kam es mir zeitlich
irgendwie ziemlich knapp vor für die Entwicklung von Luftkissenautos
und den Bau von Städten auf dem Mond. In dem Augenblick, als mir dies
klar wurde, zerplatzten plötzlich die Zukunftsstädte in meinem
Kopf wie Seifenblasen und irgendwie muß es wohl allen in diesem Zeitraum
so ergangen sein.
Mit einem Schlag wurde auch den Werbefachmännern
bewußt, daß "2000" nicht mehr für die Zukunft stand, sondern
-je näher diese Jahreszahl rückte- immer mehr für einen
zerstörten Traum.
Zudem war diese Ziffernkette einfach
schon zu abgegriffen, um damit irgendetwas zu verkaufen. (Wer will schon
ein Taschenmesser2000, wenn er auch ein ganzes Porzellanservice2000 haben
kann?)
Nur große Idealisten warben
noch eine Weile damit. (Wie etwa "Gateway 2000", die heute allerdings auch
nur noch "Gateway" heißen, um nicht am 1.1.2001 keine Rechner mehr
zu verkaufen, weil sie scheinbar veraltet sind.)
Inzwischen heißen zukunftsweisende
Projekte nicht mehr "2000", sondern "21" und haben somit nochmal 100 Jahre
Zeit, sich was besseres einfallen zu lassen.
(Das mit den Jahrhunderten ist auch
nicht neu, man denke nur an "Twentieth Century Fox".)
Man hatte keine Zukunftsvisionen mehr:
-Städte auf dem Mond waren in
der kurzen Zeit nicht mehr zu schaffen (die Zeit drängte, denn im
Jahr 2000 nur eine angefangene Stadt auf dem Mond zu haben, hätte
keiner ertragen)
-Die Kommunisten waren pleite
-Niemand hatte mehr Geld für
irgendwas
Anstatt für den westlich-demokratischen
Sieg im Wettlauf zum Mars zu schuften, forderte man nun lieber die 35 Stunden-Woche
und wollte lieber die Atomkraftwerke abschalten als die Kernfusion entwickeln.
Wozu Space Shuttles? Privatfernsehen war doch viel interessanter als das
Weltall.
Wie er wieder zum Leben erweckt wurde
"2000" war tot. Wer noch etwas mit
der Aufschrift "2000" verkaufen wollte, wurde höchstens ausgelacht.
Im Zuge der Entdeckung der Schwarz-gelben Streifen sowie unter Einfluß
der Acid-Bewegung entstanden jedoch in den frühen 90ern das erste
"echte" 2000-Revival-Produkt: "Tempest 2000", ein grandioses, ultrahektisches
Videospiel mit aufgemotzter, aber dennoch abstrakter Liniengrafik für
die Totgeburt Atari Jaguar. Es war eine Neuauflage der genialen Spielidee
des Atari-Spielautomaten "Tempest" aus den frühen 80ern und ebnete
den Boden für weitere Video-und Computerspiele, die neu aufgelegt
wurden: "Defender 2000" und schließlich Westwoods "Dune 2000". Auch
"Tempest X3" für die Playstation steht in dieser Tradition, obwohl
es eben nicht diese vier Ziffern im Namen trägt. Obwohl es auf einer
3D-Konsole läuft, verschwendet es keine einzige Rechenoperation mit
Nintendo-Quatsch wie Antialiasing oder Phong-Shading, sondern legt es mit
Punkten und Linien in allen Regenbogenfarben sowie exzellenter, aber vor
allem lauter Acidmusik im Stil der MOD-Tracker darauf an, den Spieler fühlen
zu lassen, was "Techno" bedeutet.
Auch "wipEout" und "wipEout 2097"
sowie "Descent 1&2" haben die "2000"-Thematik aufgegriffen, allerdings
nicht, indem sie Spielideen aus der Zeit wiederbelebten, in der "Das Jahr
2000" noch was bedeutete, sondern indem sie ihre Handlung einfach noch
weiter in die Zukunft verlegten: Es gab Schwebegleiter, Serviceroboter
und Kolonien auf anderen Planeten, nur diesmal etwas schmutziger und mit
schwarz-gelben Streifen. (siehe schwarz-gelbe Software auf der schwarz-gelb-Homepage
auf diesem Server)
Schließlich wurde es auch in
der Werbung aufgrund des 80er-Revivals wieder modern, pseudo-computerlesbare
Schriften zu verwenden, leider häufig gepaart mit pseudo-Pull-Down-Menüs
und pseudo-Mauszeigern in Fernsehtrailern.
Am bisherigen Gipfel dieser Entwicklung
steht die Homepage der modern-zünftigen Teeniestar-Musikkappelle Bodenständig2000,
bekannt aus Film und Fernsehen.
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