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Kontakt:

MUsikTANzTHeater
MUTANTH
Karcherstr. 15
66111 Saarbrücken

Eva Lajko
Tel: (0681)938 35 10
Miguel Bejarano Bolívar
Tel: (0681)938 07 85

BOLIVAR-Der nackte Befreier

„Bolívar – der nackte Befreier“ ist ein historisch-politisches Musiktanztheater.

Ein Mann und eine Frau treffen sich im tropischen Dschungel Kolumbiens. Sie, von reicher europäischer Herkunft, bevorzugt, sich lieber für die Menschenrechte einzusetzen als ihr Erbe zu genießen. Er, Guerillakommandant und Intellektueller, ist enttäuscht von den Methoden der Guerilla. Sie ist wegen Lösegeld von der Guerilla entführt worden.

Paradoxerweise bietet ihnen der Überfall einer feindlichen paramilitärischen Einheit die Chance. Für sie, um nach Europa in ihre Heimat zurückzukehren, für ihn, um seinen vermeintlichen Tod zum Verlassen der Guerilla auszunutzen.

Er braucht sie, die ihn verletzt durch den Dschungel tragen kann. Sie braucht ihn, der den Dschungel wie seine Westentasche kennt. Er halluziniert in Fieberschüben, Simon Bolívar, der Befreier Südamerikas, zu sein. Sie kämpft um seine Heilung.

Sie finden Schutz in einer verlassenen Hütte im Dschungel. Hier treffen sie sich, nackt in ihren Gedanken, Emotionen und Geschichten, Mann und Frau, Lateinamerikaner und Europäerin, Revolutionär und Feministin. Hier treffen sich zwei Welten im Krieg und finden die Liebe und ......... die nackte Wahrheit in einer einfachen Hütte inmitten des Dschungels.

Für Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene

Es spielen:
Simón…………………….....................……..May Bejar
Manuela………………......................………..Maria Sádor

Dramaturgie & künstlerische Leitung........…Miguel Bejarano Bolívar
Choreographie & Produktionsleitung............Eva Maria Lajko
Bühnenbild / Kostüme / Licht & Musik...........E. Lajko & M. Bejarano
Regieassistenz.............................……….…..Ximena Escobar Mejía
Regie…………………………...………...Leonardo Echeverri Botína

 

Eine Koproduktion zwischen MUTANTHeater und TEATRO AZUL. In Zusammenarbeit mit Arbeit und Kultur Saarland GmbH und der Landeszentrale für politische Bildung. Mit freundlicher Unterstützung des Kulturamtes der Stadt Saarbrücken, des Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft des Saarlandes, des Zuwanderungs- und Integrationsbüros, Netzwerk Selbsthilfe Saar und Attac Saar.


TECHNISCHE VORAUSSEZTUNGEN

Bühne:

- 6 m tief x 8 m breit x 4 m hoch
- Schwarze Kammer
- die Möglichkeit, 4 Drahtseile zu spannen (es müssten Löcher in die Seitenwände gebohrt werden)
- die Möglichkeit, an der Decke bzw. an einem Deckengestänge 4 Flaschenzugrollen zu installieren
- die Möglichkeit, je 3-4 Seitenvorhänge (1m breit) pro Seite aufzuhängen, um Requisiten während der Vorstellung verschwinden und erscheinen zu lassen

Licht: Mind. 12 Kanalmischpult und 24 Scheinwerfer

Ton: Tonanlage mit CD-Player

Vorbereitungszeit: Nach Möglichkeit ein Tag vor dem Aufführungstag für Aufbau, Lichteinrichtung sowie Licht- und Bühnenprobe

Vorstellungsdauer: 70 Minuten

Personal: Ein Techniker bzw. Hausmeister vor Ort, der für die Einweisung und als Helfer für den Aufbau zur Verfügung steht

Preis: Nach Vereinbarung

HISTORISCHER HINTERGRUND

Inspiriert durch den Roman „Der General in seinem Labyrinth“ von Gabriel García Márquez, in dem er die letzten Tage des großen Anführers der Unabhängigkeitsbewegung Lateinamerikas erzählt, beschäftigen wir uns in diesem MUsikTANzTHeater mit einer der größten Persönlichkeiten Lateinamerikas: Simón Bolívar, der Befreier von fünf Ländern Südamerikas, Militärführer, Staatsmann, Verfassungstheoretiker und Zukunftsvisionär sowie mit seiner Gefährtin Manuela Saénz – die „die Befreierin des Befreiers“ genannt wird.

Simón Bolívar hat sein ganzes Leben der zweifachen Aufgabe gewidmet, einerseits die spanische Herrschaft aus der „neuen Welt“ abzuschaffen und andererseits eine Basis für eine durchführbare politische Existenz in den kürzlich befreiten Ländern zu errichten.
Der bolivarianische Gedanke diente in den letzten 175 Jahren als Ideal der lateinamerikanischen Generationen. Bolívar´s Grundgedanke war die Vereinigung aller Länder Lateinamerikas, die durch die gleiche Geschichte geprägt waren: die Eroberung durch die Spanier im Jahre 1492 und die anschließende Kolonialisierung und Ausbeutung Lateinamerikas – die bis heute anhält.
Manuela Saénz, die Geliebte Bolívars, war eine Revolutionärin ihrer Zeit. Trotz der puritanischen Epoche, in der sie lebten, bekannten sich die beiden offen zu ihrer Liebesbeziehung, obwohl Manuela mit einem englischen Arzt verheiratet war. Sie war nicht nur Bolívars Geliebte, sondern auch seine Generälin, Beraterin, Soldatin, seine intellektuelle Kollegin und Kameradin und ist Bolívar auf all seinen Reisen gefolgt.

 


DER POLITISCHE HINTERGRUND

Wie in all unseren Stücken möchten wir nicht ein historisches Tanztheater inszenieren, sondern diesen historischen Hintergrund und den bolivarianischen Grundgedanken am Beispiel der aktuellen Situation Kolumbiens verarbeiten.
Wenn das Stichwort Kolumbien fällt, ist die erste Assoziation bei deutschen LeserInnen die gleiche: Sie denken an Kokain, Mafia, Terrorismus und Gewalt. Aus diesem Grund steht der Hinweis, dass Kolumbien auch ganz andere Seiten besitzt, mittlerweile in fast allen Büchern zum Thema am Anfang.

Seltener wird darüber gesprochen, dass es sich bei Kolumbien um ein reiches Land handelt. Es ist der weltweit größte Exporteur von Qualitätskaffee und Smaragden, der zweitwichtigste Schnittblumenexporteur, nach Mexiko und Venezuela der drittgrößte lateinamerikanische Erdölproduzent, die Nr. 4 im Kohlehandel und die Nr. 6 unter den Goldproduzenten.
Von den enormen Exporteinnahmen profitieren jedoch nur eine verschwindend kleine Minderheit sowie die im Land aktiven transnationalen Unternehmen. Nach gewerkschaftlichen Zahlen leben 55 Prozent der knapp 40 Millionen KolumbianerInnen in Armut, 20 Prozent in absolutem Elend, 50 Prozent haben keine Sozialversicherung, 20 Prozent der Erwachsenen sind arbeitslos. 1,8 Millionen Menschen leben von Gelegenheitsarbeiten, eine Million Familien haben kein Dach über dem Kopf, 15 Prozent der Haushalte verfügen über keinen Trinkwasseranschluss. Gleichzeitig befinden sich mehr als 90 Prozent der kolumbianischen Aktienteile in den Händen von weniger als 0,9 Prozent der Aktionäre. Wenn man diese Zahlen hört, fühlt man sich an den Satz Eduardo Galeanos erinnert, der in seinem Buch „ Die offenen Adern Lateinamerikas“ einmal feststellte, das größte Problem des Subkontinents sei nicht seine Armut, sondern sein Reichtum.
Charakteristisch für Kolumbien ist auch, dass die kolumbianische Oberschicht seit langem konsequent auf Repression setzt, um die sozialen Widersprüche im Land zu befrieden. In keinem anderen Land auf dem Kontinent wird in vergleichbarem Maße die eigene Bevölkerung derart terrorisiert. Nirgends gibt es so viele Massaker an der Zivilbevölkerung, nirgends sind die Spielräume für eine legale Opposition so klein wie hier. In Kolumbien ist es, darin sind sich Menschenrechtler und Linke aller Couleur einig, gefährlicher, eine Gewerkschaft aufzubauen als eine Guerillaorganisation.

Den interessierten Leserinnen und Lesern empfehlen wir das Buch „Große Geschäfte - Staatlicher Terror – Schmutziger Krieg“ von Dario Azzellini und Raul Zelik.


DIE ENTSTEHUNG DER DRAMATURGIE

Ein Tanztheater sowohl über die Persönlichkeit Simon Bolívars als auch über die Situation Kolumbiens zu schreiben, zu dramatisieren und zu inszenieren mag vielleicht nach den vorangegangenen Informationen anmaßend und konfus klingen. Letztlich stellte die Erarbeitung der Dramaturgie jedoch nicht nur eine künstlerische Herausforderung an uns dar, sondern bot uns auch mannigfaltige Möglichkeiten, diese Thematik in eine spannende Geschichte zu verpacken, denn das Theater lebt von Konflikten.

Aufgrund der komplexen Situation in Kolumbien, in der sowohl seitens der Guerilla als auch seitens der paramilitärischen Einheiten viel Unheil angerichtet wird, kamen wir auf diese Version, in der sich ein kolumbianischer Guerillero und eine europäische Menschenrechtsbeobachterin im Dschungel begegnen und kennen lernen (siehe Anfang des Textes). Der Guerillero befürwortet und begründet zwar die grundsätzliche Existenz der Guerilla, ist jedoch von den Methoden der Guerilla enttäuscht und kritisiert sie.
Seine Sicht ist die Sicht auf Kolumbien und Südamerika von innen, ihre Sicht ist die Sicht einer Europäerin von außen.
Dass beide auf der Flucht sind, hat eine realistische Parallele. Viele KolumbianerInnen müssen tatsächlich oder möchten am liebsten fliehen. Damit ist das Flüchten eine derzeitige Grundbewegung in Kolumbien.

Die Begegnung einer Europäerin mit einem Lateinamerikaner im Dschungel auf der Flucht bietet vielfältige Spannungsebenen:
Die Spannung zwischen einem lateinamerikanischen Macho und einer europäischen Feministin, der Konflikt über die Gewalt- und Machtfrage, der Konflikt über Ideologie, Ethik und Drogenhandel, die alltägliche Spannung durch die extremen Lebensbedingungen im Dschungel sowie die situationsbedingte Spannung der Flucht mit der Gefahr, entdeckt zu werden. Diese Begegnung verändert die beiden Protagonisten der Geschichte und sie verlassen das Szenario anders als sie es betreten haben.
Die Masken fallen, die Lügen werden aufgedeckt, die Liebe wird entdeckt – das Tanztheater lebt!

INSZENIERUNG

Wie in all unseren Musiktanztheaterstücken ist die Inszenierung eine Verarbeitung der komplexen Informationen mit den Mitteln der Musik und darstellenden Kunst. In theatralischen, musikalischen und tänzerischen Erforschungen des Themas überprüfen wir im Probenprozess die Glaubwürdigkeit des dramaturgischen Fadens. Aus diesem Prozess entsteht die erste choreographische, musikalische und theatralische Fassung der Inszenierung, die im weiteren Probenverlauf verfeinert und ausgearbeitet wird.
Das Resultat dieses Probenprozesses ist ein Musiktanztheater, das ein scheinbar schweres Thema mit vielen metaphorischen Bildern, Texten, Gesang und Tanz reich verpackt und nach guter kolumbianischer Sitte mit Humor würzt.

Miguel Bejarano Bolívar
Eva Maria Lajko

 


PERSÖNLICHE GEDANKEN DES/R DARSTELLER/IN

„Für mich ist es eine große Motivation und Herausforderung, diese historische und wichtige Figur Lateinamerikas zu verkörpern und mich im schauspielerischen Prozess mit ihr auseinanderzusetzen. Ich bin im Jahre 2005 47 Jahre alt geworden, genauso alt wie Simon Bolívar auf der letzten Reise vor seinem Tod entlang des Magdalenaflusses, die García Márquez in seinem Roman beschreibt. Ich wurde, wie viele Kolumbianer, durch die Figur Bolívars in meiner Kindheit stark beeinflusst. Fast in allen Dörfern und Städten Kolumbiens gibt es einen „Bolívarplatz“. Jetzt, mit 47 Jahren, ist für mich eine reife Zeit gekommen, diesen Einfluss in Form der Kunst des Theaters auf die Bühne zu stellen. Gleichzeitig bietet diese Arbeit die Möglichkeit, die geschichtlichen Wurzeln meiner Vorfahren zu erkennen.
Für mich ist dieser kreative Prozess ein Hin und Her zwischen Bauch und Kopf, aber immer über das Herz. Ich suche in diesem Prozess, wie ich diese Geschichte und diese Figur deutlich machen kann. Ich möchte in meinem Schauspiel den Held Bolívar und den gegenwärtigen Menschen Simon als Antiheld gegenüberstellen. Das ist das Spannende in der Kreation meiner Figur. In der Begegnung mit Manuela erkennt Simon seine unbewussten Machoklischees und nimmt die politische Persönlichkeit dieser Frau wahr. Er erkennt seine wahre Schwäche des Antihelden.“

May Bejar

 

“In diesem Prozess und der Auseinandersetzung mit der geschichtlichen und politischen Situation Kolumbiens habe ich eine Phase tiefen Schmerzes erlebt. Der Schmerz über die Ungerechtigkeiten und den Terror, den diese Menschen in diesem Land erleiden müssen sowie der Schmerz durch mein entstandenes Bewusstsein, das wir Europäer mit unseren Konzernen leider daran bis heute Mitschuld tragen. Ich möchte über meine Figur Manuela ein Stück dieses Bewusstseins dem Zuschauer vermitteln und hoffe, durch mein Schauspiel, den Gesang und den Tanz, darin die Herzen der Zuschauer zu erreichen. Denn ich glaube, wenn wir in der Tiefe unseres Herzens diese Ungerechtigkeiten spüren und wahrnehmen können, gibt es Hoffnung auf Heilung und Wiedergutmachung – und Liebe.
So stellt für mich die Begegnung von Manuela und Simon genau diese Entwicklung zur Liebe und zur Hoffnung dar. Zwei Menschen, die hinter ihren Masken der Arroganz und Ignoranz ihre Verletzungen verstecken und sich weiter verletzen, jedoch durch ihre Begegnung in dieser extremen Situation im Dschungel ihre wahren Gesichter und wahren Geschichten erkennen und darin der Liebe begegnen.
Trotz meiner Tendenz zu dramatisch-tragischen Inszenierungen habe ich in diesem Prozess die kolumbianische Mentalität des Galgenhumors schätzen gelernt und erkannt, das zur Bewältigung von Terror und Tod das beste Heilmittel Humor ist. So bedanke ich mich bei meinem Kollegen Miguel Bejarano Bolívar für diese gemeinsame Arbeit, denn sie hat mich in vielerlei Hinsicht reifen und wachsen lassen.“

Maria Sádor

 

Einige der Fotos (c) fotowelt.org, Ina Kramer und Markus Tetzlaff, mehr Bilder von Mutanth gibts hier.